Auch wenn der Trend “Teambuilding” schon ein paar Tage alt ist, so ist es noch heute unerlässlich, Teambuilding zu betreiben und seine Leute “zusammen zu schweißen”. Kletterwald, Rafting, Dunkeldinner…es gibt unerschöpfliche Optionen zur gemeinsamen Aktivität, immer mit dem Ziel, die Teamkultur und das Miteinander zu fördern.
Eine gute Idee, zweifellos. Aber ist die Umsetzung das, was es dafür braucht?
Beginnen wir mal vorne: Was ist überhaupt ein Team?
Vor nicht allzu langer Zeit dachte ich noch, ein Team wäre eine Gruppe von Menschen, die das gleiche tun. Das ist natürlich stark abstrahiert, aber trifft den Kern. Demnach ist jede Abteilung automatisch ein Team, weil alle im Marketing machen ja Marketing und alle in der HR machen HR. Dazu gibt es noch kleinere Unter-Teams, wie zum Beispiel mehrere Vertriebsteams. Soweit so falsch, wie ich mittlerweile weiß.
Heute sage ich, ein Team ist ein Team, wenn es gemeinsam ein Problem löst oder eine Aufgabe bewältigt. Nehmen wir das Beispiel Messe. Wer ist das Messe-Team? Nicht die gesamte Abteilung Marketing, sondern alle, die an der Messe beteiligt sind. Da sind dann meistens ein paar Kollegen aus dem Marketing involviert, bei einer Personal-Messe noch einige aus Recruiting und HR, dazu ein paar operative Mitarbeiter aus Vertrieb, Produktion oder IT (je nach Firma) und ein paar Führungskräfte. Sie gemeinsam bilden das Messe-Team. Ein temporär geschaffenes Team für eine temporäre Aufgabe.
HR Business-Partner können nach dieser Logik kein Team sein, da sie nicht gemeinsam an etwas arbeiten, sondern jeder Business-Partner verschiedenen Abteilungen zugeteilt ist. So ist er eben Teil der Teams in den Abteilungen, nicht jedoch der HR. Sobald die Business-Partner jedoch an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten, sind sie ein temporäres Team. Folgerichtig ist demnach ein Team häufig ein temporärer Zusammenschluss von Menschen, die gemeinsam auf etwas hin arbeiten.
Es gilt also, zunächst einmal diesen kleinen, aber feinen Unterschied zu beachten, damit das echte Team in seinem Teambuilding unterstützt wird.
Und nun stellt sich die Frage: Welche Maßnahme nehme ich?
Für mich kann die Antwort nur lauten: Die, die zum Ziel passt. Und das sollte möglichst konkret benannt sein. Wenn ich beispielsweise für die mittlere Führungsebene eines Unternehmens das Ziel “mehr Zusammenhalt” ausrufe, dann kann ich jede Aktivität wählen, die irgendwie damit zu tun hat. Das Ergebnis könnte jedoch sein, dass lediglich während der gemeinsamen Aktivität der Zusammenhalt steigt — zum Beispiel bei einer gemeinsamen Klettertour, bei der sich die Teilnehmer gegenseitig sichern müssen. Das bedeutet aber noch nicht, dass sie sich danach auch im beruflichen Alltag gegenseitig sichern, zum Beispiel wenn eine Abteilung ihre Ziele nicht erreicht hat oder wenn alle am Plan vorbei geschrammt sind. Ob sie in einer solchen Situation dann auch noch zusammen halten, ist mehr als fraglich, denn das Teamverhalten wurde nicht mit einer realen wirtschaftlichen Situation verknüpft, sondern lediglich mit der Ausnahmesituation “Kletterwald”.
Auf den Kontext kommt es also an.
Wenn das Ziel konkret formuliert wird, zum Beispiel “mehr Zusammenhalt bei der Lösung von Problemen in der Produktentwicklung”, dann werden sowohl das Team als auch die Maßnahme spezifisch ausgewählt. Also könnte hier beispielsweise ein Scrum-Team oder ein anderes, integriertes (also in sich wertschöpfungsmächtiges) Team gemeinsam ein Problem aus der Produktentwicklung lösen. Dafür stellt das Unternehmen dann alle notwendigen Rahmenbedingungen, die das Team benötigt. Wird das Projekt durch Teamarbeit ein Erfolg, ist das Ziel erreicht und das Team hat etwas dazu gelernt. Beim nächsten Problem wird es daher mit erhöhter Wahrscheinlichkeit diese gelernte erfolgreiche Arbeitsweise anwenden. Auf das obige Beispiel der mittleren Führungsebene angewendet, könnte das Ziel lauten: “Mehr Zusammenhalt bei der Erreichung unserer Jahresziele in Form von gegenseitiger Unterstützung mit Knowhow und Manpower.” Das hätte eine vollständig andere Aktivität zur Folge als den Klettergarten, möchte ich wetten 😉 Und demnach auch eine viel höhere Chance darauf, wirklich einen Nutzen zu stiften und “Teamwork” durch Erfolge zu lernen.
Es sei bemerkt, dass ich gar nichts gegen gemeinsame Aktivitäten einzuwenden habe, auch dann nicht, wenn sie nicht zwingend etwas zur Wertschöpfung beitragen. Sie können die Nähe zueinander fördern und auch Kontaktbarrieren lösen, keine Frage. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass solche Unternehmungen grundsätzlich nur dann positiv unterstützend wirken können, wenn bereits eine entsprechende Kultur vorhanden ist. Herrscht diese nicht vor, sondern soll durch gemeinsames Tretbootfahren erlangt werden, so ist diese Maßnahme eher dysfunktional und wird in den meisten Fällen nur ein temporär zur Schau gestelltes Teamgefüge bewirken, welches sofort nach Rückgabe der Tretboote wieder zerbricht. Die Zusammenarbeit wird sich dadurch nicht verbessern, im schlimmsten Fall nimmt das Team durch diese Maßnahme sogar Schaden, weil jeder die Unaufrichtigkeit und Heuchelei in der aufgesetzten Situation selbst (er)lebt.
Daher mein Impuls: Schauen wir genau hin, wen wir warum und wie als Team “builden” wollen. Viel Erfolg dabei!



